Um Elektroautos für die Stabilisierung der Stromnetze zu nutzen, gehen sieben Unternehmen mit «V2X Suisse» innovative Wege. Mobility-Elektroautos sollen in Zukunft bidirektional laden können – also Strom ins Stromnetz zurückspeisen, wenn sie nicht gefahren werden. Dies ist das erste grossflächige Demonstrationsprojekt seiner Art und wird daher die Zukunft dieser Technologie in der Schweiz und darüber hinaus mitbestimmen.
novatlantis ist Projektpartnerin mit den Schwerpunkten Wissens- und Technologietransfer sowie Unterstützung der Projektleitung und Qualitätssicherung. Zudem hat novatlantis massgeblich beim Projektdesign und der Gesuchstellung mitgewirkt.
Ausgangslage
Bis spätestens 2030 werden alle 3’000 Fahrzeuge der Carsharing-Anbieterin Mobility elektrisch unterwegs sein. Was gut für die Umwelt ist, kann Herausforderungen im Stromverbrauch und in der Netzstabilität mit sich bringen. Das neu lancierte Projekt «V2X Suisse» will hierfür mit vereinten Kräften Lösungen finden. Mobilitätsanbieter (Mobility), Automobilhersteller (Honda R&D Europe und Honda Motor Europe), Software-Entwickler (sun2wheel), Ladestationen-Entwickler (EVTEC), Aggregatoren (tiko), Flexibilitätsabnehmer und Wissenschaft (novatlantis, in Zusammenarbeit mit der ETH) arbeiten Hand in Hand. Marco Piffaretti, Projektleiter von «V2X Suisse» und Elektromobilitätsexperte bei Mobility, möchte die bidirektional ladenden Autos rasch auf die Strasse bringen und so dringend benötigte Erfahrungen sammeln. Denn noch gibt es hierzulande kaum Praxiswissen, was die technischen, regulatorischen und organisatorischen Herausforderungen von bidirektionalem Laden betreffe. Das Demonstrationsprojekt hat Pioniercharakter und wird Resultate liefern, die dieser Technologie in der Schweiz und darüber hinaus einen Schub verleihen werden. Das Projekt wird durch das Pilot- und Demonstrationsprogramm des Bundesamts für Energie (BFE) unterstützt.
Test mit 50 Mobility Elektroautos in der gesamten Schweiz
Bis September 2022 laufen die gemeinsamen Vorbereitungen, ab dann sind während eines Jahres 50 «Honda e» an rund 40 Mobility-Standorten in der ganzen Schweiz im Einsatz. Dies wird das erste Mal sein, dass bidirektional ladende Serien-Elektroautos flächendeckend im Mobilitätsalltag der Menschen in Einsatz stehen werden – und dass man sie unter unterschiedlichen Bedingungen, von ländlich bis urban, testen kann. Die Perspektive sieht dabei vielversprechend aus: Wird ein bidirektionales Mobility-Elektroauto nicht gefahren, kann es bis zu 20 Kilowatt Leistung zurück ins Stromnetz speisen. Das würde auf die gesamte Carsharing-Flotte gerechnet 60 Megawatt ausmachen – eine grössere Leistung, als sie beispielsweise das Tessiner Pumpspeicherkraftwerk Peccia bereitstellen kann. Diese elektrische Regeleistung wird helfen, das Stromnetz zu stabilisieren, Engpässe im Verteilnetz zu minimieren und teure Netzausbauten im Verteilnetz zu verhindern, zu verringern oder zu verzögern. Das Projektteam ist davon überzeugt: Die Elektromobilität der Zukunft ist geteilt, bidirektional und netzdienlich. Weltweit erstmalig kommt bei «V2X Suisse» der Combo-CCS-Ladestecker zum Einsatz, der internationale Steckerstandard für Gleichstrom-Schnellladung.
Das Projektteam am Kick off Meeting (Sept. 2021)
Ziele
«V2X Suisse» setzt sich bis zum Projektabschluss Ende 2023 eine hohe Messlatte: Erstens soll ausgelotet werden, wie diese Technologie das Stromnetz stabilisieren kann und wie Standorte mit Photovoltaik-Anlagen ihren Eigenverbrauch optimieren können. Zweitens will man das betriebswirtschaftliche Potenzial von bidirektionalen Fahrzeugen in der Schweiz untersuchen. Und drittens soll der Wettbewerb zwischen den potentiellen Flexibilitätsabnehmenden (Swissgrid, Verteilnetzbetreiber und Zusammenschluss zum Eigenverbrauch) getestet werden.
Technische Details
«V2X Suisse» operiert in der ganzen Schweiz und damit unter unterschiedlichen Bedingungen. Rund 40 Standorte werden mit total 50 Honda e Mobility-Elektroautos bidirektional bis max. +/- 20kW ausgerüstet. Es kommen zwei verschiedene Arten von Ladestationen zum Einsatz: einerseits spezifisch für dieses Projekt entwickelte, bidirektionale DC-Ladestationen von EVTEC mit doppeltem und kombinierbarem CCS (Combined Charging System) Ausgang, andererseits bidirektionale Honda Power Manager DC-Ladestationen mit einfachem CCS-Ausgang. Beide sind mit Rundsteuerempfängern für die Verteilnetzbetreiber sowie mit einer digitalen Schnittstelle ausgestattet. Hierfür braucht es die Entwicklung einer Cloud-to-Cloud-IT-Plattform, welche bei jedem Mobility-Elektroauto die verfügbare Leistung im Viertelstunden-Takt verwaltet (d.h. anbietet, zuordnet, freigibt, allenfalls direkt regelt und «zählt», um eine Abrechnung zu ermöglichen/kontrollieren). Diese von sun2wheel entwickelte Cloud-to-Cloud Lösung verbindet die Verfügbarkeits-Inputs der Mobility-Buchungen mit dem für Swissgrid relevanten Aggregator tiko.
Das Projektdesign (inkl. assoziierte Projekte)
Medienmitteilung in 4 Sprachen
Die Medienmitteilung (19.1.2022) auf deutsch, französisch, italienisch und englisch steht hier zur Verfügung: